Sektionen
Sie sind hier: Startseite Forschung Gewässer Fließgewässer Münstertal
Artikelaktionen

Fließgewässer Münstertal

Kulturhistorische Einflüsse auf die Fließgewässer des Münstertals

 

Die kulturgeschichtliche Entwicklung des Menschen ist eng mit der Beeinflussung von Gewässern verbunden. Verstärkt seit dem frühem Mittelalter werden Gewässer in Mitteleuropa durch den Menschen in vielfältiger Weise genutzt. Viele Bäche und Flüsse erscheinen uns heute natürlich. In Wahrheit spiegeln sie einen Zustand wider, der durch vielfältige Nutzungen über mehrere Jahrhunderte entstanden ist. Der natürliche Charakter v.a. der Mittelgebirgsflüsse ist uns weitgehend unbekannt. Übergeordnetes Ziel dieser Arbeit war es, am Beispiel des Münstertals das Potenzial historischer Analysen darzustellen neue Wertmaßstäbe für Elemente und Strukturen historischer Gewässernutzungen zu finden. Als Ergänzung zum ökologischen Leitbild wurde ein kulturhistorisches Leitbild formuliert. Dieses Leitbild soll einen neuen Weg für eine Bewertung und Entwicklung von Fließgewässern aufzeigen. Auf Ergebnissen der historischen Analyse aufbauend, wurde am Beispiel der künstlichen Querstrukturen ein Bewertungsverfahren entwickelt, um historische wasserbauliche Elemente naturschutzfachlich und denkmalpflegerisch zu bewerten.

Im Rahmen des Graduiertenkollegs "Gegenwartsbezogene Landschaftsanalyse in der Regio TriRhena" werden am Beispiel des Flussgebietes Neumagen im Südschwarzwald Veränderungen an Gewässern durch historische Nutzungen untersucht. Im gesamten Lauf des Neumagen existieren kaum Abschnitte, die nicht durch Abstürze, Querbauwerke und Uferverbau charakterisiert sind. Allein am Neumagen und seinen Nebenbächen existieren in der Gemeinde Münstertal 48 Abstürze. Die Gewässerstrukturgütekartierung weist 49% der gesamten Fließgewässer auf Gemeinde-gebiet mäßig bis kritisch beeinträchtigt in ihren ökomorphologischen Merkmalen aus (Gemeinde Münstertal 1998). Die nutzungsbedingten Veränderungen am Fließgewässer stellen heute ein Konfliktpotenzial dar. Auch der erhöhte Oberflächenabfluss und die Abspülungsprozesse als Folge von Rodungen für Siedlung und Landwirtschaft veränderten die Sohlstrukturen.

Elemente und Strukturen der historischen Gewässernutzung waren und sind Landschaftsbild prägend. Funktionsverlust der Anlagen, Flurbereinigung und die ökologische Zielsetzung des Rückbaus von Fließgewässern stellen ein hohes Gefahrenpotenzial für diese Elemente und Strukturen dar. Für spezifische Lebensräume, die erst durch menschliche Eingriffe entstanden sind, fehlen bisher Kriterien zur Bewertungen und Erhaltung. Die Ergebnisse der Untersuchungen sollen dem Naturschutz und der Denkmalpflege ein anwen­dungsorientiertes Hintergrundwissen bereitstellen und helfen eine Brücke zwischen den ansonsten konträren Interessen Erhalt der Kulturlandschaft und Gewässerschutz zu bauen. Die Untersuchung ehemaliger Gewässernutzungen und ihrer Relikte kann aufzeigen wo Denkmalqualität besteht und wo z.B. ein Rückbau von Querbauwerken in Abstimmung zwischen Vertretern der Denkmalpflege und der Wasserwirtschaft unternommen werden kann.

Zur Rekonstruktion der historischen Gewässernutzung und deren Auswirkungen auf die Landschafts-entwicklung wurden historische Analysen mit gewässer-morphologischen Aufnahmen verknüpft. In einem ersten Schritt wurden durch die historische Landschaftsanalyse ehemalige und heute noch wirksame Gewässer-nutzungen und ihre Entwicklung rekonstruiert. Elemente und Strukturen des Bergbaus, der Wiesenwässerung und des Gewerbes (Stauwehre und Gewerbekanäle) wurden kartiert und mit Hilfe einer standardisierten Erhebungsbogen in einem Kulturlandschaftskataster beschrieben und bewertet. Auf diesen Ergebnissen aufbauend wurde in einem letzten Schritte ein allgemein gültiges Erfassungs- und Bewertungsverfahrens für künstliche Querstrukturen – das Biotop-Kulturwertverfahren als Ergänzung zu den bestehenden ökologisch ausgerichteten Verfahren entwickelt.

2005 wurde die Dissertation von Korinna Thiem unter dem Titel "Kulturhistorische Einflüsse auf die Fließgewässer des Münstertals. - Beitrag historischer Landschaftsanalysen für die Bewertung der Entwicklung von Fließgewässern" von der Universität Freiburg angenommen.

 


Projektlaufzeit:

2001-2004

Finanzierung:

DFG-Stipendium

Betreuung:

Prof. Dr. Werner Konold

Bearbeitung:

Korinna Thiem

Benutzerspezifische Werkzeuge