Renchflutkanal

Bestandsanalyse der Qualität des Renchflutkanals und deren Abhängigkeit von den Unterhaltungsmaßnahmen

 

Die Frage der Natürlichkeit von Gewässern ist das zentrale Thema der EU-Wasserrahmenrichtlinie ( WRRL). Für künstliche Gewässer wurde hier eine eigene Kategorie aufgestellt, da man sie für nicht vergleichbar mit natürlichen Gewässern hält. Es wird davon ausgegangen, dass künstliche Gewässer keine geeigneten Lebensräume für Flora und Fauna natürlicher Gewässer darstellen.

Die EU-WRRL fordert für natürliche Gewässer als Entwicklungsziel einen "guten ökologischen Zustand" . Dieses Ziel ist für erheblich veränderte und künstliche Gewässer nicht zu erreichen, da sie eine bestimmte Funktion (z.B. Hochwasserschutz oder Schifffahrt) erfüllen müssen. Für diese Gewässer gilt es das Entwicklungziel das "gute ökologische Potential" zu erreichen. Der Referenzzustand, das "höchste" oder "maximale ökologische Potential", stellt den bestmöglichen ökologischen Zustand dar, der erreicht werden kann, wenn alle ökologischen Verbesserungsmaßnahmen durchgeführt wurden und die anthropogene Nutzung weiterhin möglich ist. Die Festlegung dieses Zustand muss somit für jedes Gewässer individuell geschehen.

Die Gewässerdirektion Südlicher Oberrhein/Hochrhein, Bereich Offenburg unterhält mit dem Leopoldskanal, Schutterentlastungskanal, Rench-Flutkanal und Acherflutkanal mehrere erheblich veränderte bzw. künstliche geschaffene Gewässer mit hoher Bedeutung für den Hochwasserschutz. Für diese gilt es Referenzzustände festzulegen.

Am Beispiel der Rench-Flutkanals kann gezeigt werden, dass auch künstliche Gewässer einen hohen ökologischen Wert erreichen können. Der Rench-Flutkanal wurde aufgrund des Vorkommens mehrerer FFH-Arten(Arten der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie) in das Schutzgebiets-verbundssystem Natura 2000 aufgenommen (Gebietsnummer 7313301). Das gute ökologische Potential kann also dem guten ökologischen Zustand sehr nahe kommen. Die Unterhaltungsmaßnahmen hatten auf diesee Entwicklung einen Einfluss und müssen in die Festlegung der Entwicklungsziele in jedem Fall mit einbezogen werden.

Die Projekt-Unterseiten zeigen den Zustand am Rench-Flutkanal als Beispiel für ein künstliches Gewässer mit hohem ökologischen Wert . Die am Rench-Flutkanal stattfindende modifizierte Gewässerunterhaltung spielt eine wichtige Rolle. Ein Blick auf diese Form der Unterhaltung und ihre Wirkung auf das Ökosystem Fließgewässer werden aufgezeigt.

 

 

Der Renchflutkanal

Der Renchflutkanal liegt in Baden-Württemberg nördlich von Offenburg. Er hat eine Länge von 14,7 km und ist als Hochsystem angelegt. Im Zuge der sogenannten Acher-Rench-Korrektion (AREKO) wurde der Rench-Flutkanal zwischen 1936 und 1968 gebaut. Im Zuge dieser Ausbaumaßnahmen wurden 25 Einzelgewässer mit einer Gesamtstrecke von 135 km und einem Gesamteinzugsgebiet von etwa 453 km² ausgebaut. Vor dem Gewässerausbau durch die AREKO wurden circa 90% der Oberrheinebene bei Hochwasser überflutet. Der Ausbau des Gewässernetzes dient dem Hochwasserschutz von landwirtschaftlichen Nutzflächen sowie Siedlungs- und Gewerbeflächen.

Der Rench-Flutkanal wurde von Grund auf neu in einer Flutmulde angelegt und ist somit ein rein anthropogen geschaffenes Gewässer. Er nimmt die Hochwasserspitzen aus dem 33 km langen Oberlauf der Rench auf. Die Rench entspringt in circa 930 m Höhe im Schwarzwald. Hochwässer ereignen sich vor allem nach starken Regenfällen, aber auch nach der Schneeschmelze im Schwarzwald. Durch ein Abzweigbauwerk wird das Hochwasser in den Flutkanal eingeleitet. Im späteren Verlauf vereint sich der Rench-Flutkanal wieder mit der Alten Rench zur sogenannten Rench-Mündung, die in den Rhein mündet.

Trotz seines durchgehenden Doppeltrapezprofils ändert sich die Charakteristik des Kanals in seinem Längsverlauf. Vor allem das Mittelwasserbett zeigt in den einzelnen Abschnitten unterschiedliche Ausprägungen. Beginnend am Abzweigbauwerk in Erlach, wurde der Kanal für die Untersuchung in acht Abschnitte unterteilt. Die wichtigsten Charakteristika sind auf den jeweiligen Unterseiten dargestellt.

 

 

Modifizierte Gewässerunterhaltung

Die Gewässerdirektion Südlicher Oberrhein/Hochrhein Bereich Offenburg muss Unterhaltungsmaßnahmen in regelmäßigen Zeitabständen durchführen, um den Abflußquerschnitt zu erhalten. Zur Unterhaltung gehört die Mahd der Vorländer und Deiche, sowie die Räumung des Abflussprofils (Bild rechts). Vor allem die Räumung stellt einen starken Eingriff in die Gewässerbiozönose dar.

Um die Auswirkungen der Räumung auf die Fliessgewässer zu minimieren, wurde dazu übergegangen die Unterhaltung abschnittsweise und zeitlich versetzt durchzuführen. Diese Vorgehensweise bewirkt, dass die beiden Ufer nicht im gesamten Längsverlauf kahl und brach liegen. Bei dieser Form der Unterhaltung bleiben große ungestörte Flächen bestehen, die den Organismen als Ausweich- und Rückzugsräume zur Verfügung stehen. Gleichzeitig stellen die frisch geräumten Abschnitte Pionierstandorte dar, welche Pionierarten als Habitat dienen. Durch diese Form der Unterhaltung ergibt sich ein Strukturenmosaik, das die Vielfalt der Lebensräume an diesem Standort erhöht.

Eine weitere Modifikation der Unterhaltung besteht darin, das Mittelwasserbett nicht vollständig auszuräumen (siehe Bild unten). Am jeweils gerade bearbeiteten Ufer wird ein Vegetationsstreifen stehen gelassen. Eine Niedrigwasserrinne bleibt bestehen. Das Bild zeigt die Räumung eines Ufers im August 2001. Das gegenüberliegende Ufer wurde nicht geräumt.

 

Bildquelle: Bernd Walser

 

  1. unbearbeitetes Vorland
  2. Mittelwasserrinne
  3. Vegetationsstreifen, der bei der Räumung ausgespart wurde.
  4. teilweise abgetragenes Vorland
  5. An diesem Teilstück wird deutlich, wie viel Sediment abgelagert wird und abgetragen werden muss. Die abgelagerten Sedimente würden das Abflussprofil verengen und so die Effektivität des Kanals bei der Hochwasserabführung mindern.

 

Die folgenden Bilder zeigen das Aussehen des Kanals nach einem halbseitigen Vorlandabtrag. Der Unterschied zwischen rechts- und linksseitigem Vorland ist deutlich zu erkennen. Das nicht beeiträchtigtige Ufer stellt ausreichend Rückzugsräume für die Fauna zur Verfügung.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Am bearbeiteten Ufer wurde das Mittelwasserbett nur am Rand geräumt. Ein Vegetationsstreifen trennt das gepflastete Ufer von der bestehenden Niedrigwasserrinne.

 

Veröffentlichungen zum Thema:

RÖCK, S. (2006): Flutkanäle der Oberrheinebene
als künstliche Gewässer; Der Renchflutkanal – ein künstliches Gewässer mit hoher ökologischer Wertigkeit; KA – Abwasser, Abfall 2006 (53) Nr. 9: 883-885. (pdf 1,2 MB)

RÖCK , S. (2005): Der Rench-Flutkanal - Die Natur eines künstlichen Gewässers, In: Gewässer in der Kultulandschaft; Schriften der DWHG, Band 7, Siegburg: 239 - 249. (pdf 13 MB)

 


Projektlaufzeit:

Januar 2001 - März 2003

Auftrag:

Gewässerdirektion Südlicher Oberrhein/Hochrhein, Bereich Offenburg

Projektleitung:

Prof. Dr. Werner Konold

Mitarbeiter:

Sandra Röck

 

 

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