Forstwirtschaft

Entwicklung naturschutzfachlicher Grundlagen zur Honorierung ökologischer Leistungen der Forstwirtschaft

Problemstellung

Der Begriff der "Guten fachlichen Praxis" (GfP) in der Land- und Forstwirtschaft definiert rechtlich verankerte ökologische und naturschutzfachliche Mindestanforderungen an die Bewirtschaftung. In der Novelle des Bundesnaturschutzgesetzes wurde die GfP für die Landwirtschaft über Grundsätze mit konkreten Anforderungen verbunden. Die Chance der Integration naturschutzfachlicher Zielsetzungen in die Landbewirtschaftung soll auch für eine multifunktionale Forstwirtschaft genutzt werden. Dabei gewinnt die Ausgestaltung von weiterführenden finanziellen Anreiz- und Ausgleichssystemen zunehmend an Bedeutung. Sowohl die Vertreter des Waldbesitzes wie auch des Naturschutzes verweisen darauf, dass die Ziele des Waldnaturschutzes mit regulativen Instrumenten allein nur unzureichend sichergestellt werden können (siehe Nationales Waldprogramm, Erster Deutscher Waldgipfel). Deshalb sollten neben der legalen Definition der GfP naturschutzfachliche Grundlagen für den Einsatz finanzieller Instrumente zur ökologischen Honorierung naturschutzrelevanter Leistungen als ergänzender Baustein einer naturschutzpolitischen Gesamtstrategie für den Wald entwickelt werden.

Ziele

In der zweiten Phase des vom Bundesamt für Naturschutz initiierten F&E-Vorhabens "Gute fachliche Praxis in der Forstwirtschaft" wurde deswegen das Teilprojekt des Instituts für Landespflege konzipiert, dessen Oberziel die Bereitstellung naturschutzfachlicher Grundlagen zur Weiterentwicklung und Operationalisierung der Honorierung ökologischer Leistungen ist. Ausgehend von der Dokumentation eines übergeordneten Leitbildes für den Naturschutz im Wald werden die bestehenden Naturschutzziele und naturschutzfachliche "Idealzustände" für den Wald analysiert. Eine konkreter operationalisierte naturschutzfachliche Zielsetzung wird anhand des aktuellen Stands der waldökologischen Forschung zum Waldnaturschutz, wenn möglich, auf regionaler Ebene präzisiert und definiert. Der Forschungsansatz besteht darin, aus naturschutzfachlicher Perspektive Grundlagen der Honorierbarkeit verschiedener Naturschutzziele aufzuzeigen (Was ist eigentlich aus naturschutzfachlicher Sicht sinnvoll?).

Vorgehensweise

Als Arbeitsgrundlage dient die innerhalb der Kriterienvorschläge zur GfP aus der ersten Projektphase gewählte Klassifikation der Naturschutzziele im Wald (17 Kriterien) durch das Institut für Forst- und Umweltpolitik. Für die einzelnen Ziele werden naturschutzfachlich wünschenswerten Zielzuständen, Indikatoren und Maßnahmen entwickelt. Die Möglichkeit der Parametrisierung identifizierter Indikatoren auf regionaler Ebene wird geprüft. Selbstverständlich sind in diesem Zusammenhang bestimmte Rahmenbedingungen wie Klimawandel oder Veränderung naturschutzfachlicher Normen zu beachten, welche die Kriterien zu Variablen werden lassen können. Des Weiteren werden Fallbeispiele aus anderen Ländern sowie Förderprogramme und Waldbaurichtlinien aus den Bundesländern auf ihre naturschutzfachlichen Grundlagen hin analysiert, um daraus Rückschlüsse auf ein praktikables Honorierungssystem ziehen zu können.

Durch die Erarbeitung von naturschutzfachlichen Grundlagen für solche kooperativen Instrumente des Waldnaturschutzes sollte ein wichtiger fachlicher Schritt auf dem Wege zur Etablierung solcher ökologischer Honorierungssysteme geschaffen werden, die dann über die Sozialpflichtigkeit des Eigentums hinaus ökologische Ansprüche der Gesellschaft an die Waldwirtschaft über finanzielle Anreize umsetzen können und der Forstwirtschaft eine neue Einnahmequelle schaffen. Außerdem könnte die Transparenz der naturschutzfachlichen Zielsetzungen in den bewirtschafteten Wäldern dadurch weiter zunehmen.

Ergebnisse

In Anlehnung an die Methodik der Umweltqualitätsziele wurden nach dem aktuellen Stand des waldökologischen Wissens ein übergeordnetes Zielsystem für den Naturschutz im Wald aufgestellt sowie verschiedene Qualitätsziele formuliert. Die Qualitätsziele können in der Praxis nur auf regionaler Ebene operationalisiert und honoriert werden. Diesen überregionalen Waldnaturschutzzielen werden einzelne quantitative oder qualitative Indikatoren zugeordnet. Für die Indikatoren werden einfache Prüfgrößen ermittelt, die auf Betriebs- und Bestandesebene mit Hilfe der Forsteinrichtung erhoben werden können. Diese Prüfgrößen machen die Indikatoren eines Waldnaturschutzzieles mess- und vergleichbar. Insgesamt wurden für 11 Waldnaturschutzziele naturschutzfachlich wünschenswerte Zielzustände oder Toleranzbereiche, Indikatoren, Prüfgrößen und Maßnahmen entwickelt.

Zur Festlegung von Bewertungsmaßstäben für die identifizierten Indikatoren wird in Abhängigkeit des Waldnaturschutzziels entweder die Ebene der ökologischen Waldgruppen oder der Wuchsgebiete vorgeschlagen. Die Bewertungsmaßstäbe leiten sich vom Referenzbild natürlicher Waldbestände einer bestimmten ökologischen Waldgruppe oder von historischen oder funktionalen Verteilungen der Waldökosystemtypen eines bestimmten Wuchsgebiets ab. Regionaltypische Biotoptraditionen können dabei berücksichtigt werden. Die Bewertungsmaßstäbe werden in Form von Zielerreichungsgraden nach einer fünfstufigen Klassifikation oder von Toleranzbereichen für jedes Waldnaturschutzziel ausgestaltet. Darauf aufbauend kann eine ergebnisorientierte Förderung mit Hilfe eines einfachen Selbstevaluierungssystems der Forstbetriebe erfolgen.

Diese Ergebnisse wurden inzwischen unter dem Titel "Naturschutz und Forstwirtschaft - Bausteine einer Naturschutzstrategie im Wald" in der Schriftenreihe "Naturschutz und Biologische Vielfalt" des Bundesamt für Naturschutz veröffentlicht.

 


Projektlaufzeit:

Dezember 2002 - April 2004

Finanzierung:

Bundesamt für Naturschutz

Bearbeitung:

Harald Schaich

Betreuung:

Georg Winkel (Institut für Forst- und Umweltpolitik)

 

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