Kulturlandschaften

Regionalentwicklung und Landnutzungsänderungen in traditionellen Kulturlandschaften – Erkenntnisse aus der Peripherie Europas

 

Problemstellung

Die EU mit ihren mittlerweile 27 Mitgliedsstaaten stellt in vielerlei Hinsicht eine äußerst heterogene Mischung dar: Sprachen, Kulturen, Politiken, natürliche Gegebenheiten und eben auch Kulturlandschaften. Gerade in Südosteuropa einerseits und in den großen Nationalstaaten Westeuropas andererseits leben viele ethnische Minderheiten oder Teilgruppen, die ihre ganz eigene charakteristische Umgebung geprägt haben und sich somit auch durch ihre Kulturlandschaft vom nationalen Mainstream abgrenzen.
Diese kleinflächige Vielfalt ist gefährdet. Im Laufe der Globalisierung findet eine Nivellierung auf allen Ebenen statt: Dialekte und ganze Sprachen verschwinden leichter, seitdem die Medien überall präsent und die Menschen mobiler sind; Landstriche werden, um auf dem globalen Markt mithalten zu können, effizienter gemacht, d.h. erschlossen, flurbereinigt, vereinheitlicht. Wo dies nicht möglich ist, setzen Migrationsbewegungen in Richtung Ballungsräume oder anderer Staaten ein, die Kulturlandschaft verödet als Folge von Nichtbewirtschaftung.
All dies sind Abläufe, die im Großraum Europa überall stattfinden, doch sind marginalisierte Gebiete stärker davon betroffen. Periphere Regionen sind dadurch charakterisiert, dass sie ökonomisch und infrastrukturell unterentwickelt sind, da sie abseits aller wirtschaftlichen, wissenschaftlichen und sonstigen Interessen des Zentrums liegen.

Nun stellt sich die Frage, welche Chance periphere Kulturlandschaften und ihre Bewohner in einer globalisierten Welt haben. Sind sie zum Aussterben verurteilt, oder gibt es Schutzmechanismen und Einnischungen, die das Fortbestehen sichern können? Es soll auch untersucht werden, ob periphere Kulturlandschaften einem bestimmten Entwicklungsmuster folgen.

 

Untersuchungsgebiete

Wo eine sprachliche Vielfalt vorherrscht, wird auch eine Vielfalt der Kulturen und Kulturlandschaften zu finden sein. Diesbezüglich besteht eine Parallele zwischen den so unterschiedlich scheinenden Ländern Spanien, dem alten Mitgliedsstaat im Westen Europas, und Rumänien, dem mit Bulgarien neuesten EU- Mitglied im Osten. Beides sind große Nationalstaaten, die im Laufe ihrer Geschichte verschiedene Minderheiten „geschluckt“ haben, die mehr oder weniger ungestört, autonom oder unterdrückt, abgegrenzt oder sich assimilierend weiter bestehen.
Das erste Untersuchungsgebiet, Las Hurdes in der nördlichen Extremadura, ist zwar nicht von einer nationalen Minderheit im eigentlichen Sinne bewohnt, ihre Bevölkerung hat aber durchaus einen wirtschaftlich wie sozial marginalisierten und isolierten Status. In der 30er Jahren des letzten Jahrhunderts noch durch den Film „Tierra sin pan“ von Buñuel als „Dritte Welt“ Europas stigmatisiert, hat dort auch seitdem kein wirtschaftlicher Aufschwung stattgefunden. Durch die zusätzliche Lage fernab der gängigen Tourismusrouten hat sich in der Region mit den engen, schwer zugänglichen Tälern eine einzigartige Kulturlandschaft erhalten.

Ebenso scheint im zweiten Untersuchungsgebiet, dem Gyimes, die Isolation und die Armut der Bevölkerung der Hauptgrund für das Überleben der traditionellen Kulturlandschaft zu sein. Als Besonderheit kommt in diesem engen Tal der äußersten Ostkarpaten hinzu, dass es von einer ungarischsprachigen ethnischen Minderheit, den Csángós, bewohnt wird, die lange Zeit politisch unterdrückt und sozial marginalisiert wurden. Diese Tatsache und die historisch- strategische Bedeutung der Region bis zum Ende der Österreichisch- Ungarischen Monarchie üben heutzutage eine starke Sogwirkung auf ganz bestimmte ungarische Gesellschaftsschichten aus, die als touristische Akteure in Erscheinung treten. Durch ihre romantisch verklärten Projektionen auf die Bevölkerung und Kulturlandschaft setzt sich ein schleichender Veränderungsprozess in Gang, der letztlich auch die Zukunft der traditionellen Bewirtschaftungsformen mitbestimmen wird.

 

Forschungsfragen

  • Welche spezifischen Landschaftselemente charakterisieren die jeweilige Kulturlandschaft?
  • Wie sind diese Elemente entstanden, wie haben sie sich seit ihrer Entstehung verändert und wie werden sie sich in Zukunft verändern?
  • Gibt es bestimmte Landschaftselemente, die für die lokale Bevölkerung/ die Besucher der Region eine besondere Rolle spielen oder gar identitätsstiftend sind?
  • Wie wird die Kulturlandschaft von den Bewohnern einerseits und von den Besuchern andererseits wahrgenommen?
  • Gibt es Parallelen in der Wahrnehmung der zwei Untersuchungsgebiete?
  • Welche Zukunftsperspektive ergibt sich für die Untersuchungsgebiete? Kann, soll die Kulturlandschaft erhalten werden?
  • Kann man die Erkenntnisse aus der vergleichenden Studie auf europäischer Ebene verallgemeinern und so generelle Aussagen über archaische Kulturlandschaften treffen?

 

Methoden

  • Literaturrecherche
  • historische Landschaftsanalyse
  • sozialempirische Erhebungen.
  • Sustainable Livelihood Analysis

 

 


Projektlaufzeit:

April 2008 - Juni 2011

Finanzierung:

Stipendium der Studienstiftung des Deutschen Volkes

Bearbeitung:

Katalin Solymosi

Betreuung:

Prof. Dr. Werner Konold, Dr. Éva Konkoly-Gyuró

Projektpartner:

Universidad de Extremadura, Departamento de Ingenería del Medio Agronómico y Forestal in Plasencia, Spanien;  Forschungsinstitut für Ethnische und Nationale Minderheiten, Ungarische Akademie der Wissenschaften in Budapest, Ungarn

 

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