Wald-Kulturlandschaft

Wald als Kulturlandschaft: Differenzierte, zukunftsorientierte Waldbewirtschaftung auf Grundlage einer historischen und floristisch-vegetationskundlichen Landschaftsanalyse

 

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Wald ist als Bestandteil der Kulturlandschaft stark von menschlichen Aktivitäten geprägt. Der Schwarzwald war etwa am Ende des 18. Jahrhunderts durch die Wirkungen von Viehwirtschaft und Ackerbau weitgehend entwaldet und wies teilweise bis in das 20. Jahrhundert hinein einen offenen bis halboffenen Landschaftscharakter auf. Auch die damaligen Wälder waren aufgrund der Einflüsse von Nieder- und Mittelwaldwirtschaft, Waldweide, Streuentnahme, Bergbau und Köhlerei deutlich verschieden von heutigen Wäldern. Noch heute sind Spuren der menschlichen Einwirkungen früherer Epochen in den Wäldern zu finden. Neben Relikten wie Steinriegeln, Kohlplatten und Entwässerungsgräben geben die Artenzusammensetzung der Vegetation, die Struktur der Waldbestände, Bodenparameter und die Samenbank im Boden Hinweise auf vergangene Nutzungen. Obwohl § 1 des Bundesnaturschutzgesetzes den Schutz der Vielfalt, Eigenart und Schönheit von Kulturlandschaften betont, sind die Einflüsse früherer Nutzungen hinsichtlich ihrer Naturschutzrelevanz bisher kaum dokumentiert. In der Regel fehlen auf die Zukunft bezogene waldbauliche Konzepte für den Erhalt und die Förderung kulturlandschaftlicher Elemente und Flächen im Wald.

Mit dem Projekt "Wald als Kulturlandschaft" sollen neue natur- und landschaftsschutzrelevante Kriterien bei der Bewertung und Bewirtschaftung von Bergmischwäldern entwickelt und auf ihre Relevanz hin überprüft werden. Diese können diejenigen Verfahren ergänzen, die Wirtschaftswälder vor allem an den Kriterien "Naturnähe" bzw. "Natürlichkeit" beurteilen.

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Zwei unterschiedliche, sich ergänzende und aufeinander aufbauende Vorgehensweisen kommen zur Anwendung: In einem ersten Schritt werden ehemalige, auch heute noch flächig wirksame Nutzungen (v. a. Streuentnahme, Waldweide, Weidfelder, Reutbergwirtschaft, Ackerbau) der letzten 200 bis 300 Jahre in heutigen Wäldern des Südschwarzwaldes und deren Auswirkungen und "Nebenerscheinungen" (z. B. Oberbodenversauerung) rekonstruiert. In einem zweiten Schritt werden dann in Waldbeständen, für die unterschiedliche ehemalige Nutzungen belegt sind, vergleichende Untersuchungen durchgeführt. Erhoben werden Flora, Vegetation, Vegetationsstruktur, die Diasporenbank als mutmaßliches Archiv der früheren Vegetationsdecke, standortskundliche Faktoren und das kulturbedingte Mikrorelief. Es wird davon ausgegangen, dass ehemalige Nutzungen sich auch heute noch in einem differenzierten Standorts-, Struktur- und Vegetationsmosaik widerspiegeln. Die Ergebnisse aus historischer Landschaftsanalyse, Vegetationsaufnahmen und den Diasporenbankuntersuchungen werden zusammengeführt und unter naturschutzfachlichen und kulturhistorischen Aspekten bewertet.

Das Projekt entwickelt Leitbilder für die zukünftige Waldgestaltung und stellt dem Forschungsverbund Indikatoren zur Verfügung, mit denen der Waldumbau aus landespflegerischer Sicht bewertet werden kann. Schließlich werden Ziele formuliert, die der ökologische Waldumbau umfassen soll und Anregungen zu seiner Umsetzung gegeben.

Mit der Forschungsarbeit sollen der Forstverwaltung Hinweise für die zukünftige, den Naturschutz und die Kulturlandschaftsentwicklung berücksichtigende Bewirtschaftung gegeben werden. Die Waldbaupraxis erhält Behandlungsempfehlungen mit dem Ziel der Erhaltung und Förderung der kulturlandschaftlichen Eigenart. Insbesondere werden Vorschläge bezüglich Gestaltung von Bestandesstruktur, Lichthaushalt, Wahl und Verteilung der Baumarten und möglicher Nebennutzungen entwickelt. In Zusammenarbeit mit der Natur- und Denkmalschutzverwaltung sollen die Möglichkeiten von Erhalt und Förderung der natürlichen und kulturhistorischen Zeugnisse erörtert und umgesetzt werden, um eine sinnvolle Verknüpfung von Waldbewirtschaftung, Naturschutz und Kulturgeschichte zu erreichen. Eine Einbindung neuer kulturgeschichtlicher und naturkundlicher Erkenntnisse über den Südschwarzwald in landschaftsangepasste Konzepte der regionalen Tourismusverbände und des Naturparks Südschwarzwald verstärkt die Attraktivität der Landschaft und kommt zudem dem Bildungsauftrag zugute.

Das Projekt ist Teil des BMBF-Programms "Forschung für die Umwelt: Zukunftsorientierte Waldwirtschaft" und ist im "Forschungsverbund Südlicher Schwarzwald" angesiedelt.

 

 


Projektlaufzeit:

Oktober 2000 - Juli 2003

Finanzierung:

BMBF

Bearbeitung:

Andreas Reinbolz

Projektleitung:

Prof. Dr. Werner Konold

 

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